Pädiatrie up2date 2018; 13(01): 15-40
DOI: 10.1055/s-0043-114847
Entwicklung
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Das späte Frühgeborene – unterschätzte Morbidität

Ruth Klein
,
Angela Kribs
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Publication Date:
17 April 2018 (online)

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Von späten Frühgeborenen nahm man bisher an, dass ihr Morbiditäts- und Mortalitätsrisiko aufgrund ihrer schon fortgeschrittenen Organreife dem reifgeborener Kinder ähnlich sei. Es zeigte sich aber, dass auch die Gruppe der späten Frühgeborenen im Vergleich zu reifen Neugeborenen von einer deutlich erhöhten Morbidität und auch Mortalität betroffen ist. Erst in letzter Zeit werden auch sie als eine eigene Gruppe wahrgenommen und genauer untersucht.

Kernaussagen
  • Laut Definition gelten Kinder, die in der 38. SSW geboren sind, als reif. Daher unterschätzen wir noch heute die Morbidität später Frühgeborener. Wie Studien zeigen, ist ihre Fähigkeit zur Regulation und Transition noch nicht ausgereift.

  • Ein großer Anteil der späten Frühgeborenen sind für ihr Geburtsalter zu klein und zeigen eine große Diversität der Verläufe in der 1. Lebenswoche und unterschiedliche Risikomuster, denen ganz unterschiedliche fetale Morbiditäten zugrunde liegen. Diese Besonderheiten gilt es, in der Versorgung zu berücksichtigen.

  • Aufgrund der erhöhten Morbidität und Mortalität muss gerade bei iatrogener Frühgeburt in der 35. – 38. SSW das perinatale Management gemeinsam mit der Geburtshilfe optimiert werden. Nicht indizierte Geburten in diesem Zeitraum dürfen nicht bagatellisiert werden.

  • Es ist eine Herausforderung, die späten Frühgeborenen in ihrer Transition und in der Neonatalzeit bestmöglich zu unterstützen, damit sie die Ressourcen, die sie aufgrund ihrer relativen Reife besitzen, optimal nutzen können.

  • Hierbei geht es oft weniger um den Ausgleich von Defiziten als um den Erhalt und die Förderung einer empfindlichen Homöostase.

  • Entscheidend ist es, den engen Kontakt von Mutter und Kind zu fördern. Auch das Stillen und die Muttermilchfütterung sind entwicklungsfördernde und schützende Faktoren.

  • Die generelle Möglichkeit zum Rooming-in, auch für die kränkeren unter den späten Frühgeborenen, wäre wünschenswert.

  • Das Einbinden der Familie in die Pflege und die Entlassvorbereitungen des Kindes und die oft notwendige Stillförderung sind sehr zeit- und personalintensiv. Dies könnte bei einem geeigneten Konzept zur poststationären Unterstützung durch kompetente Personen auch zu Hause erfolgen – und so die Krankenhausaufenthaltsdauer für manches Kind verkürzen.